Technischer Report zum Einfluss von 4G / LTE Mobilfunk auf 868 MHz SRD Funksysteme
Die Nähe der LTE-800-Sendefrequenzen (Long Term Evolution) zu den mit sehr viel geringeren Sendefeldstärken operierenden Geräten im SRD-Frequenzband (Short Range-Devices) bei 868 MHz kann zum Problem für die 868-MHz-Funksysteme werden und ist bei der Entwicklung von 868 MHz Funksystemen zu beachten.
Artikel von André Volkmar, IK Elektronik, und Prof. Christian Pätz, TU Chemnitz, erschienen in „Elektronik“ 11/2013
(Bilder: Fotalia, IK Elektronik, Elektroniknet)
Aufgrund der Überlastung des 2,4-GHz-Frequenzbandes durch Wireless LAN, Bluetooth und andere Funksysteme sowie auf Grund günstigerer Ausbreitungseigenschaften wird für Kurzstreckenfunk zur Steuerung und Messwerterfassung gern das sogenannte SRD- (Short Range Device) Frequenzband im Bereich zwischen 863 und 870 MHz genutzt. Dieses SRD-Frequenzband ist lizenzfrei nutzbar, aber aufgrund entsprechender Empfehlungen der CEPT (Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications) und der Normierung des ETSI (European Telecommunications Standards Institute) reguliert. Es ist in mehrere Teilbereiche unterteilt, die speziellen Anwendungen vorbehalten sind:
- Drahtlose Mikrofone: 863-865 MHz
- RFID: 865-868 MHz
- Allgemeine digitale Steuerung und Messung, soziale Alarmsysteme: 868-870 MHz
Der meistgenutzte Bereich zwischen 868 und 870 MHz ist in Bezug auf maximale Sendeleistung und Duty Cycle spezifiziert. Das Bild zeigt die Regulierungsvorschriften für diesen Abschnitt des Frequenzbandes. Die dominierende Sendeleistung in diesem Frequenzband liegt bei 10 bzw. 25 mW. Es werden meist einfache ASK- und FSK-Modulationen verwendet. Damit sind je nach Empfängerempfindlichkeit typische Reichweiten von mehreren hundert Metern, im Ausnahmefall bis über einen Kilometer möglich.
Problematik LTE
Eine völlig andere Funkanwendung ist LTE (Long Term Evolution). Gegenüber den älteren Mobilfunk-Standards GSM und UMTS zeichnet sich LTE durch eine höhere Datenrate und insbesondere durch die Optimierung auf Streaming-Anwendungen aus. LTE nutzt mehrere durch die Abschaltung früherer analoger Rundfunkdienste freigewordene Funkfrequenzen im Frequenzbereich bei 800 MHz, aber auch bei 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz. Insbesondere im ländlichen Raum findet wegen einer höheren Reichweite das Frequenzband LTE 800 (800 MHz) Verwendung. Innerhalb dieses Frequenzbandes, das von 791 MHz bis 862 MHz reicht, werden mehrere Unterbereiche für Uplink und Downlink definiert.
Die in Deutschland im Jahre 2010 versteigerten 4G-Frequenzen im 800-MHz-Band sind in Deutschland unter drei Anbietern aufgeteilt (Tabelle). Die abgestrahlten Leistungen der Basisstationen mit 400 W (56 dBm) für städtische und 2.500 W (64 dBm) für ländliche Gebiete – jeweils bezogen auf einen Frequenzblock von 5 MHz – liegt um viele Größenordnungen über den im SRD-Band genehmigten Sendeleistungen. LTE-Endgeräte senden adaptiv mit niedrigerer Sendeleistung, können aber den SRD-Empfängern räumlich sehr nahe kommen.
Uplink | Downlink | |
---|---|---|
Deutsche Telekom | 852-862 MHz | 811-821 MHz |
Vodafone | 842-852 MHz | 801-811 MHz |
O2 | 832-842 MHz | 791-801 MHz |
Tabelle: Frequenzbelegung durch die drei LTE-Anbieter
Die komplexen Modulationsarten mit hoher Datenrate bei LTE erzeugen leider außerhalb des eigentlichen Nutz-Frequenzbandes sogenannte „Out-Of-Band Emissions“, die sich ähnlich wie normales weißes Rauschen verhalten. Die regulatorischen Anforderungen an LTE begrenzen diese Aussendungen zwar in Bezug auf Bandbreite und Leistung; sie sind aber gerade bei Frequenzbereichen nahe der Nutzfrequenz messbar und führen zu einem verschlechterten Signal-Rausch-Verhältnis der SRD-Empfänger im betroffenen Frequenzband.
Gerade die frequenzmäßige Nähe der LTE-Sendefrequenzen zu den mit sehr viel geringeren Sendefeldstärken operierenden Geräten im SRD-Frequenzband wird hier zum Problem. Einiger Hersteller wurden mit Aufkommen von LTE gezwungen, ihre 868-MHz-Technik vom Markt zu nehmen.
Der Technische Report enthält
- Einführung
- Problematik LTE
- Wie stark funkt LTE ins 868-MHz-Band?
- Keine Störungen mehr – ab welcher Entfernung?
- Einfluss auf die verschiedenen am Markt verfügbaren Funkprotokolle (EnOcean, ZWave)
- Robustheit von Anwendungen gegenüber LTE-Störungen (auf den Gebieten Smart Meters, Smart Home, Sicherheitstechnik, Sensorik, Industrietechnik)
- Welche Anforderungen stellt dies alles an die Funktechnik im 868-MHz-Bereich?
- Fazit: Mit Störungen wird man leben müssen
- Literatur